Umgang mit Unveränderlichem

Wir geraten häufig in Situationen, die wir nicht weiter beeinflussen und noch weniger ändern können:

  • Der Verkäufer im Laden behandelt uns unfreundlich.
  • Das Wetter ist sehr schlecht.
  • Die Autofahrer um uns herum benehmen sich nicht so, wie sie es sollten.
  • Der Vorgesetzte gibt uns wieder eine undankbare Aufgabe zu tun.

Es gibt im Grunde vier verschiedene Arten, wie wir damit umgehen können. Dabei stellt sich bei genauere Betrachtung heraus, dass wir häufig ausgerechnet die Art wählen, die uns selbst am meisten belastet.

Zustimmung

Nicht sehr häufig kommt es vor, dass wir in einer solchen Situation schlicht zustimmen würden. Wir nehmen die Situation gelassen hin und finden sie auf eine gewisse Art auch noch gut.

  • Die Verkäuferin hat einen schlechten Tag.
  • Das Wetter ist halt nun einmal jeden Tag verschieden.
  • Die anderen Autofahrer haben bestimmt gute Gründe für ihr Verhalten.
  • Ich bin schließlich dafür da meinem Vorgesetzten genau diese Arbeiten abzunehmen.

Sie erkennen sicher, wieso diese Sichtweise eher selten ist.

Gleichzeitig aber ist genau diese Sichtweise sehr gesund – sie verschwenden keine Energie damit, sich in der Situation weiter aufzuregen. Sie akzeptieren die Situation als momentan nicht veränderbar und machen das Beste daraus. Für Sie ist das eine stressfreie Sichtweise.

Andererseits kann ein dauerhaftes Verhalten nach diesem Muster auch bedeuten, dass Sie sich selbst überhaupt  nicht wichtig sind und eigentlich keine Meinung zu irgendetwas haben. Damit kommen Sie zwar stressfreier durchs Leben – leben aber schlussendlich überhaupt nicht Ihr Leben.

Verzögerte Zustimmung

Etwas häufiger, aber immer noch selten, stimmen wir mit ein bisschen zeitlichem Abstand der Situation zu und finden die Ereignisse verständlich.

  • Im ersten Moment nehmen Sie sich vor, nie mehr dort einzukaufen. Dann aber haben Sie Verständnis für die Verkäuferin, die vielleicht privat im Moment Ärger hat.
  • Sie fluchen darüber, dass es wieder regnet. Dann nehmen Sie sich einen Regenschirm und eine dicke Jacke und machen sich auf den Weg.
  • Eigentlich überlegen Sie, dass hier ja mal wieder eine Polizeistreife nötig wäre. Aber dann nehmen Sie die Situation hin und passen halt ein wenig besser auf.
  • Knirschend akzeptieren Sie die Aufgabe. Und nach wenigen Minuten machen Sie sich dran die Aufgabe so gut wie möglich zu erledigen. Sie werden schließlich dafür bezahlt.

Im Grunde auch eine gesunde Sichtweise. Sie wenden nur minimale Energie und Ärger auf – und dann fügen Sie sich in die Situation, die Sie sowieso nicht ändern können. Das verhindert Stress.

Obwohl Sie nicht grundsätzlich mit allem einverstanden sind, schaffen Sie es dennoch, Ihre Energie und Ihr Stressniveau angenehm niedrig zu halten. Weil Sie sehr schnell differenzieren können, ob es sich lohnen würde, hier sich selbst einzubringen oder ob es sinnvoller ist, die Situation zu akzeptieren.

Schädliche Anpassung/Unterordnung

Die wohl häufigste Sichtweise in Bezug auf Situationen, die Sie nicht ändern können, ist wohl die, dass Sie sich anpassen – aber ständig darüber nachdenken, wie unfair/unverständlich/ignorant andere mit Ihnen umgehen.

  • Die Verkäuferin sollte froh sein, dass Sie als Kunde vor ihr stehen. Schließlich bezahlen Sie sie mit Ihren Einkäufen. Es ist eine Unverschämtheit so mit Ihnen umzugehen – und Ihr Samstagvormittag ist gelaufen.
  • Das Wetter ist immer dann bescheiden, wenn Sie mal gerade zu Fuß unterwegs sind. Sie meckern den ganzen Weg darüber – und rennen womöglich auch noch. Laune im Keller.
  • Diese Idioten um Sie herum sollten alle Ihren Führerschein abgeben. Sie versuchen sich irgendwie unter Kontrolle zu halten, um nicht das Spiel der anderen mitzuspielen. Aber Sie kommen völlig fertig am Ziel an und erzählen die Situation jedem, der nicht schnell genug weg ist.
  • Ihr Vorgesetzter hat es wohl auf Sie abgesehen. Ständig müssen nur Sie diese miesen Aufgaben übernehmen. Voller Wut und Frust setzen Sie sich und machen Ihren Job.

Sie meinen ich würde übertreiben, wenn ich behaupte, dass das die Sichtweise ist, die üblich für die meisten Menschen ist? Beobachten Sie mal – ich glaube Sie werden auch erkennen, dass das keineswegs überzogen ist.

Diese Sichtweise kostet erhebliche Mengen Kraft und Zeit. Sie ist objektiv betrachtet unsinnig. Weil Sie die Situation trotzt Ihres Ärgers nicht verändern können/werden. Und – mit dieser inneren Aggression werden Sie auch keine vernünftige Lösung zur Veränderung einer Situation finden.

Situation verlassen

Diese Wahl haben wir nicht immer – aber wenn wir Sie haben, können wir auch entscheiden, die Situation einfach zu verlassen, um wenigstens nicht länger als nötig darunter zu leiden.

  • Sie gehen nie wieder in dieses Geschäft. Jetzt drehen Sie sich um und gehen einfach.
  • Sie fahren mit dem Auto oder bleiben einfach zu Hause.
  • Sie steigen um auf Bahn.
  • Tja – wenn Sie könnten würden Sie jetzt kündigen. Aber so gehen Sie erst mal in Kaffeepause.

Sie können sicher erkennen, dass das Verlassen einer Situation nicht immer sinnvoll ist. Aber wenn es sich anbietet, können Sie damit Stress vermeiden. Sie werden weder die Situation verändern, noch irgendetwas für sich selbst erreichen. Schlussendlich ist es Ihr gutes Recht nicht einverstanden zu sein, wie andere sich verhalten.

Versuchen Sie diese Option durchaus gelegentlich einzusetzen. Es ist nicht immer nötig, dass Sie bestimmte Situationen „aushalten“. Manchmal kann eine bewusste Entscheidung gegen eine Situation sehr gut für Ihr Selbstbewusstsein sein. Wenn Sie sich unsicher sind, wie das auf anderen wirken könnte, fragen Sie sich doch mal:

  1. Welche Folgen hätte die Entscheidung der Situation aus dem Weg zu gehen konkret? Für mich? Meine Gefühlswelt? Mein Umfeld? Materiell?
  2. Kann ich mit diesen Folgen leben? Wirklich?
  3. Könnte es sein, dass hinter meiner Entscheidung, der Situation aus dem Weg zu gehen, nicht vielleicht doch ein anderer Grund steckt? Ist die Situation nur Sinnbild für etwas, dass vielleicht der wahre Grund ist? Bin ich mit mir selbst unzufrieden und projeziere gerade meine Gefühle in die Situation?
  4. Was würde nach dem Verlassen der Situationen passieren?

Frage (3) lässt sich nicht immer eindeutig beantworten, kann Ihnen aber Hinweise darauf liefern, ob wirklich die aktuelle Situation das Problem ist – oder vielmehr eine andere oder ein generelles Verhalten bei Ihnen.

Fazit

Es ist für uns generell gesünder, kraftsparender und stressärmer, wenn wir in einer Situation zeitnah reagieren und nicht länger über eine Situation wütend sind, die wir sowieso nicht ändern können (und auch nicht wollen).

Nachtragendes Verhalten oder sich den Tag vom Verhalten anderer nachhaltig schlecht machen zu lassen – dabei verlieren wir nur noch mehr. Vor allem verlieren wir ausgerechnet das, was wir eigentlich machen wollten, aus den Augen. Wir machen uns selbst das Leben viel schwieriger, als wenn wir die Situation einfach als gegeben hinnehmen und akzeptieren.

Ich verstehe, wenn Sie Zweifel anmelden. Deshalb betone ich auch noch mal: hier geht es überwiegend um Situationen, auf die Sie, aus welchen Gründen auch immer, keinen Einfluss haben und/oder keinen haben möchten.

  • Sie möchten der Verkäuferin nicht bebringen, wie Sie mit Kunden umzugehen hat.
  • Das Wetter können Sie nicht beeinflussen (es sei denn, Sie ziehen in die Sahara?).
  • Den anderen Autofahrern können und wollen Sie nicht vermitteln, was Ihr Verhalten bei Ihnen auslöst und wie rücksichtslos das Verhalten wirkt (würden Sie es denn durch lautes Fluchen? Bringt das wirklich etwas außer schlechter Laune bei Ihnen?).
  • Ihrem Vorgesetzten könnten Sie beim nächsten Jahresgespräch sagen, dass er Sie etwas mehr fordern sollte, statt Sie mit Routinearbeiten einzudecken – aber so lange können Sie an der Situation nichts ändern (es sei denn Sie hätten beim letzten Mittwochslotto die 6 richtigen getippt – aber würde es die Situation an sich verbessern? Oder würden Sie vielmehr weglaufen?).

Sie sehen – objektiv betrachtet ist es nur vernünftig, wenn wir Situationen gelassenen hinnehmen, die wir nicht ändern können und wollen, und uns für die Sichtweise 1 oder 2 entscheiden.

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