Praxistest: X47-Planer
Einführung
Die Produkte der X47 GmbH sind ungewöhnliche Zeitplanbücher. Haben sie doch weder Ringmechanik noch existieren Dutzende verschiedener Einlagen. Dafür merkt man jedem einzelnen Produkt an, dass hier im Detail nachgedacht wurde und das Reduzieren auf wesentliche Einlagen und Elemente Absicht und nicht Versehen ist.
Direkt zu Beginn möchte ich sagen, dass es sich hier um ein sehr hochwertiges Produkt mit großer handwerklicher Qualität handelt, dass auch für unseren Zweck der Organisation und Planung eingesetzt werden kann. Aber die hohe Qualität hat ihren Preis. Ganz kurz und vielleicht etwas unfair – hier handelt es sich um den Apple der Zeitplanbücher: Design und Konzept sind auf Reduktion getrimmt, die dann auch einfachen Einsatz und Anwendungsfreude vermitteln kann. Vor allem der emotionale Charakter der Produkte hat es in sich: für eine gute Planung braucht es gute Stimmung und „ich möchte“-Einstellung. Das ist mit den X47-Planern überhaupt kein Problem.
Methode
Jedem X47-Planer liegt ein Heftchen bei, dass ein paar Hinweise für die Prioritätenvergabe und die Nutzung der Einlagen gibt. Im Grunde existiert aber keine in sich geschlossene Methode. Zumindest ansatzweise werden aber die üblichen Planungszyklen Jahr, Monat und Woche/Tage berücksichtigt.
Das fehlen einer Methode ist Konzept des Herstellers. Er möchte keine „verpflichtende“ Methode etablieren – sondern (schöne) Hilfsmittel für die eigenen Vorstellungen liefern. In sofern bewerte ich den methodischen Ansatz auch nicht weiter.
Nur so viel sei angemerkt: ohne genau durchdachte eigene Methode wird der X47-Planer trotz aller unbestrittenen Vorzüge keine große Hilfe in der Zeitplanung sein. Ganz im Gegenteil. Wenn wir nicht aufpassen, ist der X47 ein sehr guter Kalender – aber kein Planungsinstrument.
Es stellt sich auch die Frage, ob X47 das überhaupt sein möchte.
Aufbau
Es gibt die Planer in den Größen DIN A7, A6 und A5.
Allen gemeinsam ist das Konzept der „Federmechanik“. Damit ist eine Metallschiene im Planbuch gemeint, an das die Einlagen eingeheftet werden. Durch diese Methode ist es möglich, dass die Einlagen wie normale Schreibbücher (kennen Sie noch aus der Schulzeit?) komplett beschrieben werden können. Auch für Linkshänder, die eher schiebend als ziehend schreiben (danke an den Geschäftsführer der X47 GmbH, Herrn Büttner, für diesen Erfahrungsbericht eines Kunden), sind diese Einlagen sehr gut geeignet [1. womöglich der erste Planer überhaupt, der diese Menschen vernünftig unterstützt].
Die Ledereinbände der Planer haben Einschubplätze für Kredit- und Visitenkarten und allerhand Zettel. In der Größe A5 passen wunderbar gefaltete A4-Seiten hinein, in den kleineren Größen ist das natürlich nicht praktikabel.
Ganz besonders hochwertig ist das Leder und die Verarbeitung. Großes Kino – auch gerade wenn man die Produkte mit der Konkurrenz vergleicht. Auch großes Kino im Preis natürlich.
Tagespläne/Wochenpläne
Die Tages- oder Wochenpläne werden jeweils für 2 oder 6 Monate eingeheftet (jeder Zeitraum ein Einheft-Büchlein). Im oberen Bereich befindet sich ein grobes Zeitraster und im unteren die Möglichkeit geplante Aktivitäten einzutragen. Im Format A6 reicht der Platz für etwa 15 bis 20 Aktivitäten pro Woche (Wocheneinlage). Beim A5er sind es 10 mehr – im A7er ein paar weniger. Alles in allem genug Platz für Aktivitäten. Die Termine müssen in Stichworten notiert werden – je kleiner desto kürzer. Die Tageseinlagen bieten entsprechend mehr Raum und sind zu empfehlen, wenn Termine nicht gut abgekürzt werden können und man nicht von Notizen oder ähnlichem Gebrauch machen möchte.
Monatsvorausplanung
Andererseits bietet der Hersteller allerdings Registereinlagen an, die von 1 bis 12 numeriert sind. Damit lässt sich gut eine Monatsvorausplanung führen. Methodisch gesehen sieht der Planer eine Vorausplanung nur grob vor – über Monatseinlagen. Diese zeigen einen Monat jeweils auf 2 Seiten und sind für eine Terminvorausplanung gut geeignet. Für eine umfangreichere Aktivitätenplanung hingegen nicht.
Zielplanung
Im System ebenfalls nicht vorgesehen.
Auch hier bietet sich wieder eine Registereinlage an. Mehr als eine handvoll Ziele pro Jahr sind sowieso nicht praktisch umzusetzen – allerdings fehlt hier einfach der methodische Unterbau, wenn der Anwender weniger Erfahrung mit diesem Thema hat. Aber dafür gibt es ja Orga-Dich 😉
Ideen/Daten/Adressen
Für mich hat sich hier eine Mischung aus linierter Notizeinlage und Registereinlage als praktikabel erwiesen. Die Notizeinlage bekommt alle Gedankensprünge „ab“ – die Registereinlage enthält alle laufenden Projekte mit den jeweils angedachten Aktivitäten. Die Zusammengehörigkeit von Notiz und Projektregister löse ich über eine Zahl oben rechts auf der Notizseite. Das klingt vielleicht etwas „unsystematisch“ – aber es ist praktikabel. Besser als es in der Beschreibung klingt.
Der Hersteller sieht eine Verbindung über Datumsangaben vor. In meinem Fall ist das aber nicht ideal – ich plane nicht alle (und vor allem nicht die wichtigen!) Aktivitäten genau auf einen Tag sondern arbeite über die Wochen- oder Monatsplanung. Taggenaue Planung ist fast nie mit der Realität kompatibel.
Zubehör
Der Hersteller bietet eine Fülle verschiedener Ledersorten und Planerbauarten an. Geldbeutel, Handtaschen (ja, richtig gelesen!) und anderes. Sogar eigene Stifte werden angeboten – die auch zumindest ab dem Format A5 nötig sind: die Stiftlasche ist oberhalb der Einlagen angebracht. So werden keine Einlagen zerknittert (endlich!) – aber das Platzangebot ist begrenzt. Deshalb müssen „kürzere“ Stift her – 10,5cm, um genau zu sein. Die gibt es vielleicht irgendwo zu kaufen – aber X47 hat tolle Stifte[2. auch hier gilt, wie beinahe für alles von X47, dass die hohe Qualität ihren Preis hat] produzieren lassen.
Einlagen bietet X47 die üblichen an. Monats-, Wochen- und Tageseinlagen, Notizen in verschiedener Art, Registereinlagen und ABC-Register für Adressen (benutze ich nicht, ich trage die Adressen im Telefon herum). Auch Sondereinlagen für Lehrkräfte werden angeboten – da ich keiner bin und keinen kenne, kann ich nichts über die Güte sagen.
Support
Hervorragend! Freitagabends habe ich eine Mail geschrieben und Montagmorgens um kurz vor 7(!!) kam die Antwort – vom Geschäftsführer persönlich. Dass er gerne mit mir telefonieren möchte, damit wir meine Fragen klären können (ich habe eine ausführliche Fragemail geschrieben). Einen Tag später haben wir dann telefoniert – unglaublich. Vielleicht lebe ich schon zu lange hier in Deutschland, aber mich hat dieser Service total begeistert. Jede Frage geklärt, einiges über die Philosophie und Geschichte der Firma gehört und eine Begeisterung für das Produkt, die ohne jede eklige Verkäuferattitüde vermittelt wurde. So muss und soll das sein.
Übrigens. Auch auf meiner Rechnung ist handschriftlich „Viele Grüße, $name“ vermerkt. Und zwar auf jeder einzelnen. Trotzdem ging jede Lieferung am selben Tag noch raus an dem ich bestellt hatte.
Alltag
Ich komme aus dem Schwärmen kaum raus. Die Planer fühlen sich unglaublich gut an. Ich will sie förmlich immer betatschen, aufklappen, benutzen – sie animieren förmlich zum Einsatz. Alles funktioniert so intuitiv – Beispiel: haben Sie schon mal ein Ringbuch einfach zugeschlagen? Kennen Sie dann auch den Gedanken „oh Mist… hab ich alle Blätter zurückgeschlagen“? Hier ist das Geschichte. Einfach zuklappen, gut ist. Durch die Federmechanik gibt es diesen „Knick“-Effekt einfach nicht mehr.
Auch schleppe ich den Planer ständig mit mir herum. Genau das muss ein guter Planer auch „können“ – man muss ihn einsetzen wollen.
Zugeben muss ich allerdings, dass der sehr hochwertige Charakter auch der Einlagen dazu anhält, erst zu denken und dann zu schreiben. Weil man die Einlagen nicht „versauen“ möchte.
Im Planungsalltag gibt es ein kleines Problem. Große Aktivitätenlisten kann ich nicht gleichzeitig mit der Wochenplanung sehen. Das ist eine Besonderheit meiner Planungsmethode. Durch die Federmechanik lässt sich zwar das Projekt-Register-Heft einfach herausnehmen und daneben legen – aber ideal ist das nicht. Systembedingt kann X47 hier keine Lösung anbieten – Sondereinlagen sind nicht gewünscht/geplant – hier muss sich der Anwender doch ein wenig an das System anpassen. Ich denke: kleiner Wehrmutstropfen, der in den vielen (auch und vor allem emotionalen) Wow-Erlebnissen untergeht.
Hallo Mirko! Wie ist das denn mit beschriebenen Seiten des Vortages bzw. der Blickdichte? Und womit schreibst Du? Vielen Dank und Grüße, Ralf
Wenn du mit Füller schreiben solltest, ist das Papier nicht komplett dicht. Je nach Tinte schreibt man auch auf die Folgeseite. Mit Bleistift kein Problem, aber auch hier scheint das Papier etwas durch (das stört aber nicht und ist praktisch immer so). Ich selbst schreibe praktisch immer mit einem Druckbleistift.
Hallo Mirko,
9 Jahre nach dem Test würde mich mal interessieren, ob Du noch analog mit X47 unterwegs bist.
Ich selbst habe noch immer ein X47…im Schrank und war die letzten 3 Jahre voll digital unterwegs. Inzwischen beginne ich aber drüber nachzudenken, mein X47 wieder aus dem Schrank zu holen.
iPad, Goodnotes, Notizen-App, Things 3 oder Todoist…..das ist alles schön und gut…..aber man hat immer irgendwelche Apps, denen man gerecht werden muss, denen man sein System unterordnen muss und in die man auch nicht mal schnell eben was eintragen kann.
Andererseits sind alle Geschichten und Erzählungen zu Papier-basierten Planungssystemen – insbesondere BuJo – meist von Leuten, die eine so geringe Anzahl an Aufgaben und Aktivitäten verwalten, dass ich sie auf einem Bierdeckel unterbringen würde.
Als ltd. Angestellter mit über 300 Mitarbeitern und 6 Abteilungsleitern sieht das etwas anders aus.
Was machst Du aktuell um Dich organisiert zu halten?
Hallo Thomas,
interessante Entwicklung 😀 Von Papier zu Digital und jetzt denkst du vllt wieder über Papier nach.
In den letzten Jahren hat sich im elektronischen Bereich viel getan und es wird immer wichtiger, dass wir Aufgaben und Termine beliebig schieben und verändern können. Bspw. wird in Firmen Notes oder Outlook zur Terminplanung eingesetzt – was sehr viele Vorteile bietet (Einladungen schicken, Kalender entsprechend aktualisieren, einfaches Hinzufügen oder Entfernen von Teilnehmern, verschieben und so weiter). Der Abgleich mit persönlichen Kalendern ist sehr einfach.
Auch bei Aufgaben sehe ich zwischenzeitlich eher die Vorteile in der digitalen Welt. Zwar halte ich nach wie vor die digitale Aufgabenliste für tendenziell „unverbindlicher“ und der „Erledigungsdruck“ ist meiner Ansicht nach erheblich geringer (was ich schlecht finde, ich halte nicht viel von „wenn nicht heute, dann morgen“) – aber auch hier sind die Vorteile offensichtlich… wenn ich heute Aufgaben plane, habe ich gerne bspw. den passenden Change dazu angehängt oder vorbereitende Dokumente. Da diese zu fast 100% elektronisch entstehen oder eingehen, wieso sollte ich den Umweg über einen Ausdruck machen?
Wo sich schriftliche Aufgabenlisten noch immer bewähren ist im privaten Umfeld, bspw. bei Erledigungslisten bei handwerklichen Vorhaben. Also quasi „ein Projekt“-Aufgaben, wenn man so möchte… aber auch hier wechsle ich zunehmend in den elektronischen Bereich, ich arbeite sehr gerne mit Excel, da ich hier einfach alles tun kann, was ich brauche – ohne „Wasserkopf“ an Verwaltung (selbst einfache Gantt-Diagramme sind möglich, wenn man sie mal brauchen sollte). Der Vorteil für mich: Je nach Bedarf kann ich verschiedene Attribute einsetzen: Manchmal ist die Fälligkeit wichtig (was ich tendenziell aber in Outlook übertrage, ich möchte erinnert werden), manchmal die Kosten (auch nützlich, um Budgets zu planen – was im privaten Umfeld auch sinnvoll sein kann), manchmal ist es eher eine Erinnerungsstütze („das möchte ich als nächstes tun, das hat noch ein wenig Zeit“) und so weiter.
Einen Papierplaner nutze ich seit Monaten nicht mehr. Das einzige, was ich auf Papier nutze, ist das Notizbuch. Aber fast ausschließlich im privaten Umfeld – hier hat sich Papier als Medium super bewährt (bspw. Stücklisten für den Holzzuschnitt – ich weiß, komisches Beispiel, aber genau den Fall hatte ich halt grad) und überall einsetzbar und garantiert auch bei härtester Behandlung noch nutzbar… ich mag es privat auch mal komplett ohne Smartphone und Co unterwegs zu sein, da ist ein Notizbuch einfach viel weniger „stressig“.
Beruflich wirst du ja selbst wissen, gerade als Bereichsleiter oder so, du hast ganz andere Bedarfe, bspw. Nachhalten von Delegationen und so. Das fand ich handschriftlich schon immer etwas schwierig – hier spielen die elektronischen Möglichkeiten doch nun wirklich ihre Vorteile aus. Aber bspw. Gesprächsvorbereitungen kann man durchaus handschriftlich machen (auch wenn ich es nicht tue, ich habe gerne alles durchsuchbar verfügbar und meine Handschrift erkennt einfach kein aktuelles OCR-Programm).
Viel Text und vermutlich leider nicht hilfreich, oder?